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Unkraut im Depot
Fondsmanager Volker Schilling bringt in seiner Kolumne seine Sichtweise zum Thema Geldanlage zum Ausdruck - locker, amüsant, aufschlussreich.
News vom: 19.12.2012



Sieben von zehn Deutschen kapieren das Rentensystem nicht. Sie wissen aber, dass sie privat fürs Alter vorsorgen müssen – aber sie wissen nicht wie. Die Folgen sind dramatisch: Anlageentscheidungen werden entweder aus dem Bauch heraus oder gar nicht getroffen. Sie vertrauen einem Heer von nicht qualifizierten Finanz- und Bankberatern, die nur den eigenen Vorteil kennen. Und sie bezahlen teure Anwälte, die das verlorene Geld wiederbringen sollen – und verlieren ein zweites Mal.

Ein bisschen mehr Investition in das eigene „Geldwissen“ und viele Anleger wären im Stande Ihr Depot ebenso gut zu pflegen wie Ihren Garten. Dabei sollte man finanzielle Allgemeinbildung nicht verwechseln mit finanzieller Einbildung! Nur weil einem mit der Wahl der richtigen Aktie oder des richtigen Fonds einmal ein toller Coup gelungen ist, heißt dies noch lange nicht, dass man dies wiederholen– oder gar beliebig fortsetzen kann. Im Gegenteil: Erfolgreiche Bauchentscheidungen verführen zu immer größeren Risiken, die kaum mehr kalkulierbar sind. Die eigenen Emotionen übernehmen häufig die Anlageentscheidungen. Wir sind eben nicht die kühlen Kalkulierer, für die wir uns selbst oft halten.

Unerfahrene Investoren orientieren sich meist an Ihrer Umgebung und nicht an Ihren eigenen Bedürfnissen. Sie pflanzen Blumen in Ihren Garten, die Sie nicht mögen, aber dem Nachbarn zeigen sollen, dass man sich diese Sorte leisten kann. Deshalb würden viele Menschen spontan lieber in einer Welt leben in der sie selbst 75.000 Euro im Jahr verdienen, und die anderen nur 50.000 Euro, als dass sie 90.000 Euro bekommen, die anderen aber 100.000 Euro! Ja, dies ist nicht rational, aber wer will nicht besser gegenüber den anderen dastehen? Sieben von zehn Autofahrern sagen von sich, dass sie überdurchschnittlich gut fahren. Statistisch können es aber nur fünf von zehn wirklich sein. Wir alle sind viel zu sehr von uns überzeugt – „overconfidence“ nennen dies die Wissenschaftler. Weil wir glauben, dass wir besser sind als andere, halten wir zum Beispiel an unserer Investmentstrategie fest, obwohl längst nichts mehr für dieses Investment spricht!

Dabei unterscheiden private Anleger bei Ihren Investments zwischen Kosten und Verlusten, obwohl beides den gleichen Effekt hat. Ein Beispiel: Sie haben einen Gutschein im Wert von 100 Euro für das nahe liegende Gartencenter geschenkt bekommen und wollen sich davon die Pflanzen für Ihren Garten kaufen, die sie schon seit langem haben wollen. Am Gartencenter angekommen stellen sie fest, der Gutschein ist weg. Was tun? Die meisten Menschen, das haben ähnliche Untersuchungen des Nobelpreisträgers Daniel Kahneman gezeigt, werden sich keinen neuen Gutschein kaufen, sondern frustriert nach Hause gehen. Wir haben Verluste gemacht und Verluste erträgt jeder von uns nur schwer. Allerdings: Hätten wir keinen geschenkten Gutschein, sondern auf dem Weg ins Gartencenter zwei 50 Euro Scheine verloren, reagieren wir anders. Wir kaufen die Pflanzen trotzdem. Dabei wären die Kosten in beiden Fällen gleich gewesen: jeweils 200 Euro !

Wirtschaftsprofessor Kahneman hat nachgewiesen, dass wir daher bei unseren Anlageentscheidungen auch ganz unterschiedlich vorgehen, also je nachdem, ob Verluste drohen oder Gewinne in Sicht sind. Angenommen, sie könnten sicher 100.000 Euro kassieren. Oder sie hätten die Chance, mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 Prozent sogar 150.000 Euro zu bekommen, müssten dann allerdings auch mit einer Wahrscheinlichkeit von 20 Prozent damit rechnen, leer auszugehen. Die meisten Menschen werden sich für den sicheren Gewinn entscheiden. Anders bei drohenden Verlusten: Wenn wir die Wahl haben zwischen einem sicheren Verlust von 100.000 Euro und der 20-prozentigen Chance, ganz ohne Verlust dazustehen (bei einem 80-prozentigen Risiko, sogar 150.000 Euro zu verlieren), wählen die meisten die Chance – trotz des hohen Risikos, noch schlechter dazustehen. Auch das ist nicht rational, aber wie gesagt: Wir hassen Verluste!

Wer eine Aktie mit Verlust verkauft, muss sich selbst – und vielleicht auch gegenüber Freunden und dem Ehepartner – eingestehen, einen Fehler gemacht zu haben. Dies widerspricht unserem Ego. Also halten wir an der Aktie fest, auch wenn die Verluste immer größer werden. Auf der anderen Seite werden Gewinne bei Aktien häufig viel zu schnell realisiert ohne den Trend laufen zu lassen. Dies ist ungefähr so, als würden Sie in Ihrem Garten die Blumen ausreißen und das Unkraut gießen!

Ihr Volker Schilling


Volker Schilling ist Mitgründer und Vorstand der Greiff capital management AG. Er steuert mit seinem Team mehrere Fonds und Dachfonds, unter anderem den Greiff Elite UI. Darüber hinaus steht er regelmäßig nationalen und internationalen Medien mit seinem Expertenwissen Rede und Antwort.

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